
Gemeinsame Immobilie bei Trennung und Scheidung – Wenn das Eigenheim zum Streitpunkt wird
Für viele Paare ist der Kauf einer Immobilie ein Meilenstein: das eigene Haus mit Garten, Platz für Kinder, ein Arbeitszimmer – Ausdruck gemeinsamer Pläne. Doch wenn die Beziehung scheitert, wird aus dem Traumhaus oft ein Problemhaus. Die Frage „Was passiert mit der Immobilie?“ steht dann schnell im Raum – und mit ihr eine Reihe juristischer und finanzieller Herausforderungen.
Als Rechtsanwalt für Familienrecht mit Spezialisierung auf die sogenannte Online Scheidung begleite ich regelmäßig Mandantinnen und Mandanten durch solche Situationen. In diesem Beitrag zeige ich, welche Möglichkeiten getrennte Ehepaare im Umgang mit der gemeinsamen Immobilie haben – und worauf dabei besonders zu achten ist.
Miteigentum bleibt bestehen – auch nach der Trennung
Viele gehen davon aus, dass mit dem Ende der Ehe auch gemeinsames Eigentum automatisch aufgelöst wird. Tatsächlich ändert sich an den Eigentumsverhältnissen zunächst gar nichts. Entscheidend ist, was im Grundbuch steht – und das bleibt auch nach der Trennung und Scheidung gültig. Wer allein im Haus lebt oder den Kredit bedient, hat damit noch keinen alleinigen Anspruch auf das Eigentum an der Immobilie.
Vier typische Wege – mit rechtlichen Fallstricken
1. Alleineigentum durch Auszahlung
Eine Lösung besteht darin, dass ein Partner den anderen auszahlt und die Immobilie allein übernimmt. Dafür braucht es eine Einigung über den aktuellen Marktwert und klare Regelungen zur Kreditübernahme. Zu beachten ist: Die Bank muss einer sogenannten Haftungsfreistellung zustimmen – das geschieht nur, wenn die Bonität des Übernehmers ausreichend ist.
2. Der Verkauf – manchmal der beste Ausweg
Wenn keiner das Haus übernehmen möchte oder kann, ist der Verkauf oft die einfachste Lösung. Der Verkaufserlös wird entsprechend der Eigentumsanteile aufgeteilt. Eine professionelle Immobilienbewertung und fundierte Beratung sind hierbei empfehlenswert, um wirtschaftliche Nachteile zu vermeiden.
3. Vermietung als Zwischenlösung
Bleibt der Verkauf wirtschaftlich unattraktiv, kann eine Vermietung sinnvoll sein. Die Mieteinnahmen dienen dann etwa der Tilgung des Kredits. Diese Lösung setzt allerdings ein Mindestmaß an Kooperation und Vertrauen zwischen den Ex-Partnern voraus.
4. Teilungsversteigerung – das letzte Mittel
Wenn keine Einigung möglich ist, kann ein Ehepartner die Teilungsversteigerung beantragen. Dabei wird die Immobilie gerichtlich versteigert. Diese Maßnahme ist aber oft mit finanziellen Einbußen und zusätzlichen Belastungen verbunden – und sollte wirklich nur als letzter Ausweg gewählt werden.
Wer darf im Haus wohnen bleiben?
Auch nach einer Trennung haben beide Eigentümer grundsätzlich das gleiche Nutzungsrecht. Wer jedoch dauerhaft auszieht, verliert dieses Recht im Lauf der Zeit. Derjenige, der ausgezogen ist, kann eine Nutzungsentschädigung verlangen, denn schließlich wird sein Miteigentum vom anderen Ehegatten genutzt. Dies allerdings nur, wenn der Anspruch rechtzeitig geltend gemacht wird.
Kommt es zu Streitigkeiten über die Wohnsituation, kann ein Antrag auf Wohnungszuweisung beim Familiengericht gestellt werden (§ 1361b BGB). Dieser kommt jedoch nur in besonderen Fällen zum Tragen, etwa bei Gefährdung des Kindeswohls oder häuslicher Gewalt.
Der Kredit läuft weiter – mit allen Verpflichtungen
Ein weitverbreiteter Irrtum: Wer auszieht, ist seine Verantwortung gegenüber der Bank los. Bei gemeinsamer Kreditaufnahme haften jedoch beide Partner weiterhin in vollem Umfang – unabhängig davon, wer im Haus wohnt oder die Raten zahlt. Wer alleine zahlt, kann vom anderen den hälftigen Ausgleich verlangen, auch rückwirkend.
Eine Entlassung aus dem Kreditvertrag ist nur mit Zustimmung der Bank möglich – und sollte nicht auf bloßen mündlichen Absprachen beruhen. Hier ist rechtlicher Rat unerlässlich.
Besser früh regeln als später streiten
Je früher die Eigentums- und Nutzungsverhältnisse klar geregelt werden, desto besser lassen sich spätere Konflikte vermeiden. Ob Verkauf, Alleinübernahme oder Vermietung – ohne vertragliche Grundlage wird die Immobilie schnell zum zusätzlichen Stressfaktor.
Durch eine notarielle Vereinbarung – etwa im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung – können alle wichtigen Punkte wie Eigentumsübertragungen, Zahlungsverpflichtungen und Haftungsfragen rechtssicher geklärt werden. Wer sich frühzeitig darum kümmert, schafft Klarheit – und reduziert emotionale und finanzielle Belastungen auf beiden Seiten.
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