
Das Corona-Virus bestimmt deutsche Baustellen – Wer haftet, wenn es zu Bauverzögerungen kommt?
Bedingt durch die Corona-Pandemie mussten viele Bauunternehmen ihre Arbeit einstellen, was die Folge hat, dass sich die Fertigstellung von vielen Immobilien hinauszögert. Doch wer haftet, wenn sich die Baumaßnahmen verzögern und wie erhalten Eigentümer ihr Recht? Wir klären Sie auf:
Bauen in Zeiten von Corona
Das Coronavirus bestimmt das öffentliche Leben: Schulen haben geschlossen, Großveranstaltungen wurden abgesagt und soziale Kontakte werden weitestgehend unterbunden. Doch auch Menschen, die in diesen Zeiten ihren Traum vom eigenen Haus erfüllen wollen, bekommen die Pandemie zu spüren. Auch, wenn auf den meisten Baustellen noch gearbeitet wird, kommt es zu massiven Verzögerungen, berichtet der Verband Privater Bauherren (VPB). Materialien fehlen, Baustoffhändler haben geschlossen, Mitarbeiter sind erkrankt, Bauarbeiter aus dem Ausland dürfen nicht einreisen – Alles ist anders, seitdem das Virus das Land bestimmt.
Für viele Bauherren ist das der Beginn einer Katastrophe, denn die Fertigstellung ihres neuen Hauses wird auf unbestimmte Zeit verschoben. So ist es möglich, dass Eigentümer ohne Dach über dem Kopf dastehen, weil der Zeitplan nicht eingehalten werden kann und der Mietvertrag der bisherigen Immobilie schon gekündigt worden ist. Die dann anfallenden Kosten für Notunterkünfte können sehr teuer werden. Ob Bauunternehmen dazu verpflichtet sind, die Kosten zu übernehmen, hängt allerdings vom jeweiligen Einzelfall ab. Generell gilt aber, dass „Schadensersatzansprüche immer ein Verschulden voraussetzen“, so der VBP-Vertrauensanwalt Holger Freitag.
Ist das Virus tatsächlich schuld an Bauverzögerungen?
Das Bauunternehmen trägt die Beweislast. Um zu erklären, warum die Bauarbeiten sich verzögern, muss das Unternehmen dem Auftraggeber eine sogenannte Behinderungsanzeige aushändigen. Mit Blick auf die momentanen Umstände haben viele Firmen die Voraussetzung zu belegen, dass sie mögliche Bauverzögerungen nicht zu verantworten haben. Man spricht hier von einer höheren Gewalt. Allerdings haben Bauherren somit auch keinen Anspruch auf einen Schadensersatz. Es sollte daher unbedingt geprüft werden, ob die baulichen Verzögerungen wirklich auf das Virus zurückzuführen sind oder es nur ein Vorwand für einen Fehler des Bauunternehmens ist.
Nicht selten kommt es vor, dass Bauunternehmen Liquidität benötigen und daher versuchen, nahezu fertiggestellte Bauten schnell abzuwickeln und abzurechnen. Mit einem an die Bauherren gerichteten Schreiben wird eine Frist angesetzt, bis wann die Abnahme der Baustelle erfolgen muss. Der VBP-Anwalt Holger Freitag empfiehlt auf dieses Schreiben nicht einzugehen, denn nur weil das Unternehmen verlangt die Baustelle abzunehmen, ist der Bauherr dazu nicht verpflichtet. Ebenso wenig sollte man sich auf eine fiktive Abnahme einlassen. Mit einer fiktiven Abnahme ist ein Schreiben gemeint, in dem der Bauherr zusichert, dass auf der Baustelle alles planmäßig abläuft, ohne diese gesehen zu haben. Abnahmen von fertigen Immobilien sollten immer mit einem Sachverständigen erfolgen, denn dem Experten fallen Mängel auf, die eine Laie nicht wahrnehmen würde.
Auch als Bauherr sollte man in Zeiten wie diesen nicht unnötig drängen; schließlich muss der Arbeitsschutz auf der Baustelle gewährleistet werden. Sollte der Bauherr den Arbeitsschutz missachten und die Gesundheit der Arbeiter gefährden, haftet dieser im schlimmsten Fall.
Nicht nur während einer Pandemie kann es zu Verzögerungen einer Baustelle kommen. Wir empfehlen Ihnen Ruhe zu bewahren und sich zu informieren, bevor Sie rechtliche Maßnahmen treffen wollen. Ganz egal, ob zu Zeiten von Corona oder auch sonst: Unser Team ist für Sie da und hilft Ihnen bei allen Immobilien-Fragen gerne weiter!
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