Kreditzinsen steigen und machen Baufinanzierungen immer schwieriger
Nicht nur die Preise für Baustoffe und Energie steigen, auch die Bauzinsen klettern weiter nach oben und haben mittlerweile die 4%-Marke überschritten. Das wirkt sich auf die Bautätigkeit aus: Eine Umfrage des Münchner Ifo-Instituts in der Branche hat ergeben, dass viele Projekte auf Eis gelegt werden. So waren im September 16,7 Prozent der befragten Unternehmen in der Baubranche von Stornierungen betroffen. Insbesondere der steile Anstieg der Zinsen für Baufinanzierungen stellt für viele Immobilienkäufer und Bauwillige ein großes Problem dar. Wie kommt es zu dieser Zinsentwicklung, was bedeutet sie konkret und wie wird sich das Zinsniveau voraussichtlich entwickeln? Erfahren Sie in diesem Beitrag mehr dazu.
Was hat zur Zinswende geführt?
Die Europäische Zentralbank hat im Juli zum ersten Mal seit 16 Jahren die Leitzinssätze um jeweils 0,5 Prozentpunkte erhöht. Bei den 3 Arten von Leitzinsen handelt es sich um den Hauptrefinanzierungssatz, den Spitzenrefinanzierungssatz und den Einlagesatz. Anfang September folgte dann die stärkste Erhöhung seit Einführung des Euros: alle drei Leitsätze wurden um jeweils 0,75 Prozentpunkte erhöht.
Diese veränderte Fiskalpolitik, die als Steuerungselement des Staates allzu starken Konjunkturschwankungen entgegenwirken soll, bewirkte ebenso, dass die Zinsen für alle Kreditarten in die Höhe geschossen sind. So löste die Leitzinserhöhung auch aus, dass die Zinsen für Immobilienkredite anstiegen.
Bauzinsen auf höchstem Stand seit 2011
Bauherren und Immobilienkäufer trifft es besonders hart. Denn nicht nur durch steigende Immobilien- und Energiepreise sowie knappe Baustoffe wird es teurer, auch die Finanzierung wird immer schwieriger. Während die Bauzinsen vor einem Jahr noch bei unter einem Prozent lagen, stiegen sie im Juni bereits auf über 3% an. Mit derzeit mehr als 4% sind sie nun auf ein Niveau geklettert, das dem höchsten Stand seit 2011 entspricht.
Was bedeutet das konkret für Darlehnsnehmer?
Allein der Zinsanstieg der vergangenen Wochen von 3,5 auf 4,0 Prozent kann für Bauherren und Immobilienkäufer bereits eine monatliche Mehrbelastung von mehr als 100 Euro bedeuten.
Ein Rechenbeispiel zeigt, wie sich die Zinserhöhung von nur 0,5% konkret auswirken kann: So liegt bei einem Kaufpreis von 400.000 Euro, 50.000 Euro Eigenkapital, einer Zinsbindung von 10 Jahren, einer Tilgung von 2% und einem Zinssatz von 3,5%, die monatliche Rate bei 1.705 Euro. Bei einem Zinssatz von 4% mit sonst gleichbleibenden Konditionen beträgt die monatliche Rate dann bereits 1.860 Euro. Dies entspricht einer Mehrbelastung von 155 Euro im Monat!
Mit den allgemein steigenden Kosten und dazu noch dem steilen Zinsanstieg wird für viele potenzielle Käufer der Traum vom Eigenheim zunächst in weite Ferne rücken. Es sei denn, sie verfügen über beträchtliches Eigenkapital oder profitieren von einer Schenkung bzw. Erbschaft.
Worauf Banken bei der Baufinanzierung nun besonders achten
Vor dem Hintergrund der aktuellen Zinsentwicklung sind viele Banken nun strenger bei der Bewilligung von Finanzierungen. Insbesondere bei Vollfinanzierungen ohne Eigenkapital gelten hier strengere Maßstäbe zur Kreditwürdigkeit. Solche Finanzierungen werden in der Regel nur dann bewilligt, wenn andere Faktoren die Bonität positiv beeinflussen. So müssen die Kreditnehmer beispielsweise ein höheres Mindesteinkommen nachweisen. Positiv wirkt sich auch aus, wenn bei der monatlichen Haushaltsrechnung deutliche Überschüsse belegt werden.
Wird das Zinsniveau so hoch bleiben?
Experten aus dem Baufinanzierungsbereich halten es für unwahrscheinlich, dass die Zinsen in nächster Zeit spürbar sinken werden. Da sich an der gesamtwirtschaftlichen Lage mit Inflation, gestraffter Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) und hoher Renditen für deutsche Staatsanleihen ihrer Meinung nach in den kommenden Wochen und Monaten kaum etwas ändern wird, kann eher mit weiterhin moderat steigenden Zinsen gerechnet werden.
Um sich den Wunsch nach einem Eigenheim trotzdem zu erfüllen, sind viele Menschen auch bereit, günstiger zu bauen und beispielsweise durch Eigenleistung oder bei Lage, Größe sowie Ausstattung der Immobilie zu sparen. Auch Konsumeinschränkungen zu Gunsten des Eigenheims sind für einige denkbar.
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