Wohnungsgenossenschaften: Wie funktionieren sie?

Wohnungsgenossenschaften: Wie funktionieren sie?

Bezahlbarer Wohnraum ist knapp. Gerade in Ballungsgebieten wird die Wohnungssuche immer schwieriger. Neben den Optionen Wohnraum mieten oder kaufen gibt es noch eine weitere Möglichkeit, nämlich MiteigentümerIn einer Genossenschaftswohnung zu werden. Das Traditionskonzept der Wohnungsgenossenschaften ist nach wie vor modern, denn dieses Mittelding zwischen Eigentum und Miete bietet bezahlbaren Wohnraum. Wie das Konzept funktioniert und wo die Vor- und Nachteile liegen – dies und mehr erfahren Sie im folgenden Artikel.

Was ist eine Wohnungsgenossenschaft?

Eine Wohnungsgenossenschaft ist eine Genossenschaft mit dem Ziel, ihre Mitglieder mit preisgünstigem Wohnraum zu versorgen. Gleichbedeutende Begriffe sind Baugenossenschaft, Wohnungsbaugenossenschaft, Wohnbaugenossenschaft, Siedlungsgenossenschaft, Wohnungsverein oder Bauverein. Die Wohnungen werden nicht von gewinnorientierten Unternehmen oder Privatpersonen gebaut, sondern von der Wohnungsgenossenschaft, die diese dann den Genossenschaftsmitgliedern zur Verfügung stellt.

Die ersten Wohnungsgenossenschaften entstanden bereits Ende des 19. Jahrhunderts, als während der industriellen Revolution schon einmal ein Mangel an Wohnraum herrschte. Ihre Vorstellung vom gleichberechtigten Wohnen, ohne Spekulation und Mietwucher, ist auch heute noch aktuell und macht Wohnungsgenossenschaften nach wie vor attraktiv.

Genossenschaften sind demokratisch organisiert. Wesentliches Merkmal einer Genossenschaftsmitgliedschaft ist das Mitbestimmungs- oder Mitwirkungsrecht. Die Wohnungsgenossenschaft orientiert sich nicht an den Interessen fremder Kapitalgeber, sondern an denen ihrer Mitglieder. Erwirtschaftete Überschüsse aus der Vermietung stecken die Genossenschaften wieder in die Wohnungen.

Mitglieder einer Wohnungsgenossenschaft werden als Nutzer bezeichnet und sind besser geschützt als normale Mieter. Auch wenn das normale Miet- und Kündigungsrecht gilt, erhält ein Genossenschaftsmitglied einen Dauermietvertrag, der bei vertragstreuem Verhalten unkündbar ist.

Wie kommt man an eine Genossenschaftswohnung?

Genossenschaftswohnungen sind sehr begehrt und es ist daher nicht einfach, eine Wohnung zu bekommen, wenn man sie gerade braucht. Daher müssen Bewerber häufig eine lange Wartezeit in Kauf nehmen.

Die erste Voraussetzung, um in eine Wohnung einziehen zu können ist aber, Mitglied der Genossenschaft zu werden. Dafür kauft man meistens einen, manchmal auch mehrere Genossenschaftsanteile zu einem von der Genossenschaft festgelegten Preis, wird damit zum Anteilseigner – auch mit allen damit verbundenen Risiken – und erhält das Wohnrecht auf eine Genossenschaftswohnung. Anteile können zwischen einigen Hundert Euro bis zu mehreren Tausend Euro kosten. Für diese erhält man eine jährliche Verzinsung. Bevor man in eine Wohnung einziehen darf, müssen oft weitere Anteile gekauft werden, wobei sich Höhe und Umfang der Pflichtanteile nach dem Kapital richten, das die Baugenossenschaft braucht, um wirtschaften zu können.

Was sind die Vorteile einer Wohnungsgenossenschaft?

Was macht Genossenschaftswohnungen bei Wohnungssuchenden so beliebt? Hier einige Argumente, die für das genossenschaftliche Wohnen sprechen

  • Günstige Miete: Da Wohnungsgenossenschaften nicht primär gewinnorientiert sind, liegen die Mieten (hier: Nutzungsgebühren) für guten Wohnraum häufig unter dem lokalen Mietpreisspiegel.
  • Mitbestimmungsrecht: Jedes Mitglied einer Genossenschaft hat die gleichen Rechte und Pflichten, und zwar unabhängig von der Höhe der Anteile. Innerhalb einer Genossenschaft hat man als Miteigentümer auch ein Mitspracherecht, kann bei Entscheidungen mitwirken und so das Wohnen und Leben mitgestalten.
  • Sicherheit durch Dauernutzungsrecht: Je nach Satzung erhalten Mitglieder einer Wohnungsgenossenschaft lebenslanges Wohnrecht. Eigenbedarfskündigungen sind in einer Wohnungsgenossenschaft nicht möglich, da ja jedes Mitglied Miteigentümer am Wohnungsbestand ist. Nur bei grobem Verstoß gegen geltende Regeln droht eine Kündigung. Das Mitglied selbst kann jedoch jederzeit, unter Einhaltung der Kündigungsfristen, den Nutzungsvertrag kündigen.
  • Finanzielle Überschüsse kommen den Mitgliedern zugute: Erwirtschaftete Überschüsse der Wohnungsgenossenschaft werden in die Sanierung der Wohnungen und die Gestaltung des Wohnumfeldes investiert. Auf Genossenschaftsanteile erhält man als Miteigentümer in der Regel Zinsen.

Wo liegen die Nachteile einer Wohnungsgenossenschaft?

Die Mitgliedschaft in einer Wohnungsgenossenschaft hat aber auch einige  Nachteile:

  • Beitrittspflicht: Man muss der Genossenschaft zunächst beitreten, um eine Wohnung zu erhalten. Über neue Mitglieder entscheidet der gewählte Vorstand der Genossenschaft.
  • Lange Wartezeiten: Da guter und günstiger Wohnraum in vielen Regionen Mangelware und daher sehr begehrt ist, gibt es lange Wartezeiten für Wohnungsbewerber.
  • Mindestanlagezeit: Bei einigen Genossenschaften gilt eine Mindestanlagezeit. Daher sollte das Geld dort nur dann investiert werden, wenn man im Zweifelsfall darauf warten kann.
  • Finanzielles Risiko: Genossenschaftsmitglieder haften für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft. Im Falle einer Insolvenz besteht die Gefahr, das eingezahlte Vermögen komplett zu verlieren.Inwieweit man im Insolvenzfall über die eigenen  Anteile hinaus haftet, ist in der jeweiligen Satzung festgeschrieben.
  • Späte Rückzahlung bei Austritt: Für die Kündigung einer Genossenschaftswohnung greift sowohl das Mietrecht als auch das Genossenschaftsrecht, was diesen Schritt etwas komplizierter macht. Das investierte Geld für die Genossenschaftsanteile bekommt man zurück, dabei kann es allerdings zu langen Wartezeiten kommen.

Genossenschaftsanteile als Geldanlage.

Gerade in Zeiten niedriger Zinsen kann der Kauf von Genossenschaftsanteilen neben dem Wunsch nach einer Wohnung auch die Chance auf eine gewinnbringende Geldanlage zugrunde liegen. Denn erwirtschaftet die Wohnungsgenossenschaft Überschüsse, kann sie die Rendite an die Mitglieder auszahlen.

 

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